Sandro Wagner nimmt im Strafraum keine Umwege, auch nicht bei Begegnungen mit Journalisten. Der Mann ist direkt, schnörkellos – und ausgeprägt selbstbewusst. Als er im April gefragt wurde, ob er damit rechne, bei der Weltmeisterschaft dabeizusein, reagierte der Stürmer vom FC Bayern genervt: „Ich habe es verdient, da mitzufahren, und ich fahre da auch mit. Da bin ich mir sicher.“
Nun hat ihn Bundestrainer Joachim Löw aber nicht nominiert, und Wagners Reaktion ist nicht verwunderlich. Entrüstet tritt er aus der Nationalmannschaft zurück – und sogar seine Begründung war zu erwarten. Wegen seiner „Art, immer offen, ehrlich und direkt Dinge anzusprechen“, passe er anscheinend nicht mit dem Trainerteam zusammen.
Mit dieser Verschwörungstheorie gab Wagner dem Bundestrainer den letzten Hinweis darauf, dass es richtig war, ihn nicht zu berufen. Nicht Wagners Meinungsstärke ist nämlich das Problem, sondern seine Meinung über sich selbst. Mündige Spieler: gerne. Selbstgefällige: besser nicht.
Löw weiß aus Erfahrung: Bei einer WM brauchst du Spieler, die den Teamgeist nicht gefährden. Bei Wagner wäre es denkbar gewesen, dass er nach dem ersten schlechten Spiel eines Konkurrenten Stimmung gemacht hätte. Als Reservist hat er sich ja nie gesehen. Wenn er erklären sollte, warum er erst recht spät in seiner Karriere, also in Darmstadt und in Hoffenheim, kontinuierlich stark spielte, sagte er, er sei eben „kein Jokertyp“.
Aber er musste ja unbedingt im Winter zum FC Bayern wechseln. Ist er dort dadurch aufgefallen, dass er Robert Lewandowski verdrängt hätte? Wenn sich Sandro Wagner aufführt wie Zlatan Ibrahimovic, sollte er auch spielen wie Zlatan Ibrahimovic. Das Törchen, das Joachim Löw während der WM bei einem Rückstand in den Schlussminuten von einem eingewechselten Stoßstürmer benötigt, kann er auch von Mario Gomez oder Nils Petersen bekommen. Sandro Wagners Rücktritt ist für die deutsche Nationalmannschaft so bedeutend wie ein Pups in einer Windhose.